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„“NephroGen“-Labor hilft nierenkranken Kindern weltweit

Heidelberger Kinderärzte bauen Spezial-Labor auf

Heidelberg (uni) – Nierenkrankheiten haben häufig eine genetische Ursache. Die Diagnosestellung ist jedoch sehr aufwendig und kann nur in spezialisierten Laboren durchgeführt werden. Die Sektion Pädiatrische Nephrologie des Zentrums für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Heidelberg unter Professor Dr. Dr. Franz Schaefer hat in wenigen Jahren ein hochqualifiziertes Labor aufgebaut, das Genanalysen zahlreicher Patienten im In- und Ausland durchführt, und hat damit die Diagnostik und Beratung betroffener Familien wesentlich verbessert. Über zwei neue Internetportale werden Aufträge angenommen, Daten gesammelt und Informationen bereit gestellt.

Die Nachfrage ist groß: Neben Einsendungen aus Deutschland kommen Anforderungen aus 10 europäischen Ländern, dem mittleren Osten und Lateinamerika. Seit 2005 wurden über 1.000 Genanalysen durchgeführt. Bisher erfolgten die Untersuchungen im Rahmen von Forschungsprojekten und waren für die Einsender daher kostenlos. Doch 2010 sollen die nephrogenetischen Leistungen in das Angebot des Humangenetischen Instituts integriert und dort auch abgerechnet werden.

„NephroGen“ – zentrale Anlaufstelle für Laboranforderungen

Zahlreiche Gene, die Nierenerkrankungen bei Kindern hervorrufen können, sind bereits bekannt. Trotzdem fanden diese Erkenntnisse bisher nicht den Weg in die klinische Routinediagnostik, da nur wenige Labore diese speziellen Untersuchungen anbieten, und die Ärzte oft nicht wissen, wer welche Gene untersuchen kann. Eine genetische Analyse kann bis zu sechs Monate in Anspruch nehmen und wird nicht von allen Krankenkassen bezahlt. Professor Schaefer hat mit „NephroGen“ ein Labor aufgebaut, das die Diagnostik für die 15 häufigsten, nierenrelevanten Gene anbietet. Für die meisten dieser Gene ist das Heidelberger Labor der erste und bisher einzige Leistungsanbieter in Europa.

Informations- und Datenquelle für kindernephrologische Zentren weltweit

Über das Internetportal www.nephrogen.org, das seit 2006 online ist, können Ärzte detaillierte Informationen zu den Krankheitsbildern erhalten und spezifische Befunde anfordern. Ein weiteres Internetportal (www.podonet.org) existiert seit 2009 und wird bereits von 50 kindernephrologischen Zentren in 19 Ländern genutzt. Hier werden im Rahmen eines auch von Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und EU geförderten Verbundprojektes genetische und klinische Daten zum sogenannten steroidresistenten nephrotischen Syndrom, einer besonders wichtigen, seltenen kindlichen Nierenerkrankung zusammengeführt.

„Der Nutzen dieser umfangreichen genetischen Diagnostik liegt zum einen darin, den Kindern unnütze und belastende Therapien zu ersparen. Zum anderen kann das Wissen um eine genetische Krankheitsursache die Prognose entscheidend verändern. Auch ist es für die Betroffenen und gesunde Geschwisterkinder wichtig, das Risiko zu kennen, die Erkrankung an nachfolgende Generationen weiter zu vererben“, erläutert Professor Schaefer. „Ein langfristiges Ziel unserer Untersuchungen ist es natürlich, neue, möglicherweise kausale Therapien zu entwickeln, die die Nierenfunktion erhalten können.“ Denn leider ist es immer noch so, dass den meisten nierenkranken Kindern über kurz oder lang eine Nierenersatztherapie, also Dialyse und Nierentransplantation, nicht erspart bleibt.

Dazu eine Patientengeschichte:

Die kleine Ceylin ist 18 Monate alt. Seit einiger Zeit leidet sie unter starken Wassereinlagerungen. Bald fand man heraus, dass ihre Nieren sehr viel Eiweiß verlieren; man spricht von einem „nephrotischen Syndrom“. Diese Krankheit beruht meistens auf einer Störung des Immunsystems und wird mit Kortison behandelt, manchmal auch mit stärkeren Medikamenten. Bei Ceylin führte das Kortison zwar zu einigen Nebenwirkungen, aber die Nierenerkrankung wurde nicht besser. Das Mädchen wurde zur Weiterbehandlung nach Heidelberg geschickt.

In seltenen Fällen kann ein nephrotisches Syndrom durch angeborene genetische Veränderungen in den Nieren verursacht werden. Diese Veränderungen lassen sich nicht durch Medikamente beeinflussen und führen zu einem fortschreitenden Verlust der Nierenfunktion. Die Heidelberger Ärzte fanden bei Ceylin rasch eine solche genetische Ursache.

Die schlechte Nachricht für Ceylin und ihre Familie ist, dass Ceylin in einigen Jahren eine Nierentransplantation brauchen wird. Immerhin aber war schnell klar, dass Kortison und andere Medikamente bei Ceylin prinzipiell unwirksam sind und ihr die oft schwerwiegenden Nebenwirkungen dieser Therapien erspart werden können. Auch auf eine Nierenbiopsie konnte dank der genetischen Diagnostik verzichtet werden. Eine weitere gute Nachricht ist, dass die Erkrankung mit der Transplantation einer gesunden Niere geheilt sein wird. In den Fällen, die auf Störungen des Immunsystems beruhen, kann die Erkrankung nämlich auch in der transplantierten Niere wieder auftreten und diese zerstören. In dieser Hinsicht konnten die Kindernephrologen die Familie dank der genetischen Diagnose beruhigen.

(Pressemitteilung de Universitätsklinikums Heidelberg)

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