Plötzlicher Herztod: Genetische Ursachen-Abklärung bei jungen Opfern für Prävention der Familie
Die molekulargenetische Abklärung plötzlicher Herztodesfälle junger Patienten sollte für die genetische Beratung der Angehörigen eingesetzt werden, sagt Prof. Henrik Milting (Bad Oeynhausen) auf der Herbsttagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Berlin: „Weil die Identifikation von Mutationen bei Patienten mit plötzlichem Herztod für die Vorbeugung weiterer Todesfälle in einer Familie von erheblicher Bedeutung sein kann, sollte das DNA-Untersuchungsmaterial für Tests aus Patienten, die am plötzlichen Herztod verstorben sind, routinemäßig gesichert werden.“
Prof. Milting und sein Team untersuchten zehn Verstorbene im Alter zwischen 19 und 40 Jahren, bei denen in der Leichenschau ein unklarer Herztod festgestellt wurde, molekulargenetisch mit einem Sequenzier-Panel, das 174 kardiogenetisch wichtige Gene umfasst. Für die Untersuchung wurden vor der molekulargenetischen Analyse Aufklärungsgespräche mit den Angehörigen geführt und es wurde eine detaillierte Familienanamnese aufgenommen. Nur bei zwei Familien ließen sich Hinweise für eine familiäre Herzerkrankung aus dem Stammbaum ableiten. Prof. Milting: „In der Hälfte der Fälle wurden potentiell oder definitv pathogene Mutationen festgestellt, die anschließend Gegenstand einer genetischen Beratung wurden.“
Bei bisher drei Familien wurden weitere molekulargenetische Untersuchungen der gefundenen Mutation im Anschluss an die genetische Beratung durchgeführt. In einer Familie wurde bei zwei Verwandten der Verstorbenen die identische pathogene Mutation gefunden, die für eine seltene, lebensgefährliche Krankheit (Long-QT-Syndrom) verantwortlich ist, und eine entsprechende kardiologische Behandlung veranlasst. In vier Fällen wurden neue Sequenzvarianten gefunden, die gegenwärtig pathogenetisch nicht interpretierbar sind. Die Studie wird fortgesetzt und auf Fälle der Notfallmedizin ausgeweitet.
Die Ursachen für den plötzlichen Herztod von Patienten unter 40 Jahren, so die Studienautoren, werden derzeit in Deutschland nur relativ selten im Rahmen von Obduktionen untersucht. Generell ist in Deutschland die Rate der klinischen Obduktionen bei nur drei Prozent aller Todesfälle besonders niedrig.
Quelle: H. Milting et al.: Next generation sequencing is relevant for the identification of inherited cardiac diseases among sudden cardiac death victims
(Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 10.10.2015)