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Neue Gentherapie bei spinaler Muskelatrophie Typ 1 (SMA)

Bei einer seltenen, tödlich verlaufenden neurologischen Erbkrankheit ist ein Therapiedurchbruch gelungen. „Eine neue Gentherapie bremst das Fortschreiten der spinalen Muskelatrophie Typ 1 (SMA) so wirkungsvoll, dass Kleinkinder, die unbehandelt vor dem zweiten Geburtstag an den Folgen einer fortschreitenden Muskelschwäche sterben, sogar das freie Gehen erlernen können“, berichtete der Neuropädiater Professor Volker Mall bei der Neurowoche, dem größten deutschsprachigen Kongress für Neuromedizin in Berlin.


Die spinale Muskelatrophie Typ 1 (SMA) ist eine seltene genetische Erkrankung, bei der Nervenzellen im Rückenmark absterben, was zu Muskelschwund und allgemeiner Schwäche führt. SMA Typ 1, der häufigste und schwerste Subtyp der Krankheit, beginnt im Säuglingsalter und endet tödlich durch Ersticken und Atemlähmung. SMA zählt zu den häufigsten genetisch bedingten Todesursachen im Säuglings- und Kleinkindalter. Bisher gab es keine ursächliche Therapie.

Zwei neue Gentherapien erzielen hervorragende Ergebnisse bei der Behandlung von SMA

„Das Wissen um die genetischen Ursachen neurologischer Erkrankungen wächst derzeit rasant. Damit eröffnen sich neue Ansätze für Therapien, die direkt in Krankheitsmechanismen eingreifen“, sagt Professor Volker Mall, Ärztlicher Direktor für Sozialpädiatrie an der Technischen Universität München und Tagungspräsident der GNP. „Mit neu entwickelten Gentherapien ist es in jüngster Zeit gelungen, das Fortschreiten der spinalen Muskelatrophie zu verlangsamen, die Krankheitssymptome zu reduzieren und die Lebensqualität der betroffenen Kinder zu verbessern.“

Hierfür stehen aktuell zwei Wirkstoffe zur Verfügung, die einen molekularen Mechanismus nutzen, um an der Ursache der Erkrankung anzusetzen. Der Wirkstoff Nusinersen, ein sogenanntes Antisense-Oligonukleotid, blockiert die Boten-RNS und bewirkt, dass die krankhafte Genveränderung im Erbgut keine Wirkung entfalten kann. „Ein Nachteil der Therapie ist, dass das Medikament einmal monatlich ins Nervenwasser injiziert werden muss“, so Mall.

Beim zweiten Wirkstoff ist ein spezielles Virus (Adeno-assoziertes Virus Serotyp 9) der Träger der komplementären DNA, die das SMN-Protein kodiert. Diese gesunde DNA kann die Blut-Hirn-Schranke passieren, und das gesunde SMN-Protein wird in den Zellen mit dem geschädigten Erbgut trotzdem hergestellt. Mit diesem Präparat ist nur noch eine einmalige intravenöse Behandlung nötig.

„Beide Therapien erzielen ähnlich gute Ergebnisse“, berichtet Mall. „Aktuelle Studien zeigen, dass die behandelten Kinder eine deutliche Verbesserung der motorischen Funktionen erreichen können bis hin zum Erlernen des freien Gehens, insbesondere wenn die Behandlung vor dem siebten Lebensmonat begonnen hat.“

Gesellschaft für Neuropädiatrie fordert: SMA ins Neugeborenenscreening aufnehmen

Aufgrund der positiven Studienergebnisse wurden die Wirkstoffe allen Patienten mit SMA Typ 1 schon vor der Zulassung zur Verfügung gestellt. „Nun ist es wichtig, dass die spinale Muskelatrophie rasch in das Neugeborenenscreening aufgenommen wird“, fordert Volker Mall. „Auf diese Weise können wir eine erfolgreiche Behandlung der betroffenen Säuglinge möglichst vollständig erreichen.“


Literatur

Jerry R. Mendell, M.D., et al; Single-Dose Gene-Replacement Therapy for Spinal Muscular Atrophy,
N Engl J Med 2017; 377:1713-1722

Richard S. Finkel, M.D., Nusinersen versus Sham Control in Infantile-Onset Spinal Muscular Atrophy, N Engl J Med 2017; 377:1723-1732

Marques, Jose Marques, PhD, https://smanewstoday.com/2018/03/21/sma-infants-show-stable-respiratory-motor-improvements-in-spinraza-trial/

(pi Deutsche Gesellschaft für Neurologie e.V., 21.10.2018)

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