Deutsche Forscher entdecken drittes Hochrisiko-Brustkrebsgen
Düsseldorf (uni) – In gleich zwei aktuellen Publikationen in NATURE GENETICS berichten deutsche Wissenschaftler und ein britisches Forscherteam über zwei Mutationen in dem Reparatur-Gen RAD51C als Ursache für eine Fanconi-Anämie-ähnliche Erkrankung mit schweren angeborenen Fehlbildungen. In der aufgrund dieser Entdeckung begonnenen Kooperation mit dem Deutschen Brustkrebskonsortium wurden Mutationen auf einer Kopie des RAD51C-Gens auch als Ursache eines erblichen Risikos für Brust- und Eierstockkrebs beschrieben.
Gene, die für die ordnungsgemäße Reparatur von DNA-Schädigungen sorgen, so genannte „care-taker’-Gene, sind für das normale Wachstum und Altern sämtlicher Lebewesen einschließlich des Menschen unerlässlich. Fehlen sie oder sind im Bauplan verändert, also mutiert, erkranken die Patienten an Krebs oder fortschreitendem Knochenmarkversagen. Die Arbeitsgruppen von Prof. Helmut Hanenberg und Prof. Heiner Schaal, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin und Institut für Virologie am Universitätsklinikum Düsseldorf, sowie Prof. Christopher Mathew, Guy’s Hospital, London, UK, und Prof. Detlev Schindler, Universität Würzburg, haben initial zwei Mutationen in dem Reparatur-Gen RAD51C als Ursache für eine Fanconi-Anämie-ähnliche Erkrankung mit schweren angeborenen Fehlbildungen identifiziert. In einer daraufhin im Sommer 2008 begonnenen Kooperation mit dem Deutschen Brustkrebskonsortium wurden Mutationen auf einer Kopie des RAD51C-Gens als Ursache eines ebenso deutlich erhöhten Erkrankungsrisiko für Brust- und Eierstockkrebs entdeckt.
Die beiden Veröffentlichungen in NATURE GENETICS betonen erneut die enge Verbindung zwischen der Fanconi-Anämie (FA), einer seltenen angeborenen DNA-Reparaturerkrankung, und der familiären Neigung zu Brust- und Eierstockkrebs. Insgesamt sind damit 14 Gene bekannt, in denen Mutationen in beiden, von Vater und Mutter geerbten Kopien klinisch zu dem typischen Bild einer nach dem Schweizer Kinderarzt Prof. Guido Fanconi benannten Erkrankung vorliegen. Die beiden deutschen Forschergruppen um Hanenberg und Schindler, waren 2005 und 2007 bereits an der Identifizierung der drei FA-Gene FANCI, FANCJ und FANCN beteiligt. Mutationen in den beiden letztgenannten FA-Genen sind inzwischen auch in Familien mit erblich bedingten Mamma- und Ovarialkarzinomen gefunden worden. Somit stellen diese beiden Fanconi-Anämie-Gene ebenfalls Krebsrisikogene dar.
In einer Kooperation mit dem deutschen Konsortium für erbliche Mamma- und Ovarialkarzinome unter der Leitung von Prof. Rita Schmutzler, Frauenklinik, Universität Köln, und Prof. Alfons Meindl, Frauenklinik, Klinikum Rechts der Isar, TU München, wurde das RAD51C-Gen bei 1100 Patientinnen aus Familien mit Mamma- und Ovarialkarzinomen untersucht. Bei der Identifizierung und funktionellen Charakterisierung dieser Veränderungen in RAD51C waren die drei Düsseldorfer Arbeitsgruppen (um Dr. Dieter Niederacher, Frauenklinik, Prof. Heiner Schaal und Prof. Helmut Hanenberg) federführend beteiligt. Die Wissenschaftler fanden krankhafte Veränderungen einer Kopie des RAD51C-Gens bei 1,3 Prozent aller Familien, in denen Mamma- und Ovarialkarzinome aufgetreten waren, – nicht dagegen in reinen Mammakarzinom-Familien. Bei den klinischen Analysen zeigte sich eine große Bedeutung der Mutationen, da alle gesicherten Mutationsträgerinnen bis zum 80. Lebensjahr Mamma- und/oder Ovarialkarzinome entwickelten.
Seit Mitte der 90er Jahre sind zwei Gene, BRCA1 und BRCA2, bekannt, in denen Mutationen zu einer dramatischen Erhöhung der Raten von Mamma- und Ovarialkarzinomen bei Frauen führen. Mutationen in RAD51C zeigen klinisch ein sehr ähnliches Bild wie bei BRCA1-Mutationsträgerinnen, allerdings sind RAD51C-Mutationen sehr viel seltener nachweisbar. Aufgrund dieser Eigenschaften wurde RAD51C inoffiziell in den beteiligten Forschergruppen von einigen auch als „BRCA3“ bezeichnet. Die alternative Bezeichnung FANCO ist beim Nomenklaturkommitee dagegen offiziell beantragt.
Die Grundlagenforschung im Bereich der DNA-Reparatur und die Auffindung der hierfür „zuständigen“ Gene trägt in erheblichem Maße zum Verständnis der Krebsentstehung bei. Die Identifizierung des zugrunde liegenden DNA-Reparaturdefekts durch Mutationen der bereits bekannten „Brustkrebsgene“ in BRCA1 und 2 und jetzt im RAD51C-Gen in den Tumorzellen wird zunehmend therapeutisch genutzt: Mutationsträgerinnen, d.h. Risikopatientinnen, werden engmaschigeren Kontrolluntersuchungen unterzogen und können daher auch prophylaktisch chirurgisch behandelt werden. Außerdem kann der Ausfall von BRCA1/2 im Tumor seit neuestem auch therapeutisch genutzt werden, um auf den Tumor maßgeschneiderte Therapien einzuleiten. Auch bei den RAD51C-assoziierte Tumoren scheint dieser Ansatz vielversprechend zu sein.
(Pressemeldung der Heinrich-Heine-Universität, Düsseldorf)