Bremer Forscher entwickeln Sehhilfen für Blinde
Mit Mitteln aus der Exzellenzinitiative auf dem Weg zum künstlichen Auge
Hoffnung für Blinde – auch wenn der Weg zum visuellen Wahrnehmen noch weit ist: Neurowissenschaftler und Elektrotechniker der Universität Bremen starten jetzt mit Mitteln aus der Exzellenzinitiative und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zwei Projekte, die Blinden helfen sollen, visuelle Eindrücke zu bekommen. In den Vorhaben „I-See – das künstliche Auge“ und „InAuKa“ geht es darum, wie elektrische Signale direkt ins Gehirn eingespeist und dort verarbeitet werden.
Um eines Tages eine Sehprothese zu entwickeln, müssen das Gehirn und dessen Informationsverarbeitung besser verstanden werden. Neue Technologien für medizinische Anwendungen lassen sich nur auf Basis von in Tierversuchen gewonnenen Erkenntnissen entwickeln. „Im Rahmen der Projekte beginnen wir jetzt, an konkreten Systemen für Patienten zu arbeiten – auch wenn das beim künstlichen Auge sicher noch mindestens zehn Jahre dauern wird“, sagt Professor Andreas Kreiter, Wissenschaftler am Zentrum für Kognitionswissenschaften (ZKW) der Universität Bremen zur zeitlichen Perspektive der Forschungsarbeiten. Insgesamt stehen für die beiden interdisziplinären Vorhaben 1,3 Millionen Euro zur Verfügung.
Das Gehirn gezielt stimulieren
Im menschlichen Gehirn werden Informationen mit der Hilfe von elektrischen Impulsen übertragen. Auf diese Weise werden Seheindrücke von den Augen zu der Sehrinde des Gehirns gesendet. Hieraus entsteht dann die visuelle Wahrnehmung der Umgebung. Ist die Verarbeitung oder das Weiterleiten dieser Signale durch eine Krankheit oder Verletzung gestört, kommt es für die betroffene Person zu Problemen wie Blindheit. Dadurch wird die Lebensqualität der betroffenen Menschen stark eingeschränkt.
Ein Behandlungsansatz ist, künstlich erzeugte elektrische Signale in das Gehirn einzuspeisen, um so den geschädigten Teil der Sinnesorgane oder des Gehirns zu überbrücken und in seiner Funktion zu ersetzen. Die Einführung von Signalen durch direkte elektrische Stimulation der Nervenzellen im Gehirn ist aber extrem schwierig. Ein Hauptproblem ist, eine „naturähnliche“ elektrische Stimulation durchzuführen, die vom Gehirn „verstanden“ wird. Die Nervenzellen müssen also die Informationen so aufnehmen, als wenn es ein Signal wäre, das von echten Hirnzellen erzeugt wurde. „Man kann das Gehirn aber nicht einfach mit elektronischen Signalen bombardieren. Nur wenn man das Gehirn genau versteht, kann es so stimuliert werden, dass es die Signale auch aufnimmt und weiterleitet,“ erläutert Professor Klaus Pawelzik, Wissenschaftler vom Zentrum für Kognitionswissenschaften der Uni Bremen.
Ein weiteres großes Problem liegt darin, ein Implantat zu bauen, das über viele Jahre sicher die Stimulation des Hirns ermöglichen kann. Ein Paradebeispiel hierfür ist das Cochlea Implantat, das vielen Menschen ermöglicht, bei einer Schädigung des Gehörs wieder Töne der Umgebung wahrzunehmen. In diesem speziellen Beispiel wird jedoch die Hörschnecke anstatt des Gehirns elektrisch gereizt, was die Einspeisung extrem vereinfacht. „Die von uns zu lösenden Probleme sind um ein Vielfaches komplizierter“, sagt Professor Walter Lang vom Institut für Mikrosensoren, -aktoren und -systeme (IMSAS). „Hier bewährt sich wieder die Struktur der Universität Bremen mit ihrer starken Vernetzung über die Fachbereiche hinweg“. In den beiden bewilligten Projekten suchen sieben Ingenieure und Wissenschaftler der Universität Bremen aus vier verschiedenen Instituten gemeinsam nach Lösungen.
(Pressemitteilung der Universität Bremen, 8.8.2013)