Bundesregierung überdenkt Hilfsmittelparagraphen
Aktionsbündnis „meine Wahl!“ fordert Versorgungskontinuität und mahnt Mitspracherecht für Patientenvertreter an
Berlin (amw) – Die Umsetzungsschwierigkeiten beim GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) im Hilfsmittelbereich haben die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD dazu veranlasst, Änderungsanträge zur letzten Gesundheitsreform in den Bundestag einzubringen.
Aus Sicht des Aktionsbündnisses „meine Wahl!“ sind vor allem die Abkehr von der Ausschreibungspflicht und das vorgesehene Beitrittsrecht zu Versorgungsverträgen wichtige Schritte in die richtige Richtung. Fraglich ist allerdings, ob diese Korrekturen ausreichen, um das Wahl- und Mitspracherecht von Hilfsmittelnutzern in Zukunft de facto zu sichern. Auch besteht bei Patienten große Unsicherheit, ob ab dem 1. Januar 2009 die kontinuierliche Versorgung mit Hilfsmitteln in allen Fällen gewährleistet ist. Aus Sicht des Aktionsbündnisses ist zudem die Einbindung von Patientenvertretern bei der Erarbeitung verbindlicher Qualitätsstandards für die Hilfsmittelversorgung unerlässlich. Über die aktuellen Änderungsanträge zum GKV-WSG könnte der Bundestag bereits Mitte Oktober entscheiden.
Ein wichtiges Signal: Die Bundesregierung rückt von Ausschreibungen als alleinigem Wettbewerbsmittel ab. In den Änderungsanträgen ist vorgesehen, die Soll-Vorschrift, mit der die gesetzlichen Krankenkassen bislang zu Ausschreibungen verpflichtet wurden, in eine Kann-Regelung umzuwandeln. Die Krankenkassen hätten damit die Möglichkeit, die Versorgung ihrer Versicherten mit medizinischen Hilfsmitteln über Verträge zu organisieren, zu denen alle interessierten, qualifizierten Versorgungspartner beitreten können. Der Vorteil dieser Regelung: die Vielfalt der Leistungserbringer bliebe erhalten. Patienten könnten auswählen, welches Sanitätshaus oder welches Homecare-Unternehmen ihre Versorgung übernehmen soll. Es bleibt allerdings den Krankenkassen überlassen, ob sie diese Möglichkeit im Sinne der Versicherten nutzen und sich mit den Leistungserbringern auf sinnvolle Verträge einigen.
Zwar könnte das Beitrittsrecht zu Hilfsmittelverträgen einige Probleme lösen, die Umsetzung ist jedoch problematisch. Denn nach derzeitiger Gesetzeslage dürfen ab dem 1. Januar 2009 nur noch Vertragspartner der Krankenkassen Patienten versorgen. Für Hilfsmittelnutzer besteht große Unsicherheit, ob ihr jetziger Versorgungspartner überhaupt einen Vertrag hat bzw. diesen zeitnah bekommt. Es ist zu befürchten, dass die Krankenkassen den Ansturm der Leistungserbringer, die Verträge benötigen, kurzfristig nicht bewältigen können. Dies kann dazu führen, dass Patienten trotz akutem Hilfsmittelbedarf nicht zeitnah versorgt werden oder gar in Vorleistung treten müssen. Im Sinne einer gesicherten und kontinuierlichen Hilfsmittelversorgung fordert das Aktionsbündnis „meine Wahl!“ die Politik auf, eine praktische Umsetzungsmöglichkeit für den Übergang zu finden, die die Versorgungskontinuität bis zum tatsächlichen Beitritt sichert.
Positiv zu bewerten ist die geplante Einführung eines Präqualifizierungsverfahrens für Leistungserbringer. Damit soll sichergestellt werden, dass nur solche Leistungserbringer Patienten versorgen dürfen, die fachlich und unternehmerisch dazu qualifiziert sind. Es fehlen jedoch weiterhin verbindliche Qualitätsstandards für die Versorgung mit Hilfsmitteln. Diese müssen nun schnellstmöglich festgelegt werden. Das darf jedoch nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg geschehen. Daher fordert das Aktionsbündnis „meine Wahl!“, Patientenvertreter in die Beratungen und Entscheidungen über bundeseinheitliche Qualitätsstandards bei der Hilfsmittelversorgung einzubeziehen.