Amyloidose: Den deformierten Eiweißen auf der Spur
Vor gut einem Jahr wurde das Amyloidosezentrum unter dem Dach des Zentrums für Seltene Erkrankungen am Uniklinikum Würzburg gegründet. Bereits seit November 2017 findet die Interdisziplinäre Amyloidose-Sprechstunde im Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz Würzburg (DZHI) statt. Die Ambulanz ist der Hauptpfeiler des Zentrums. Hier werden inzwischen mehr als 100 Patienten mit dieser schwer zu diagnostizierenden vielschichtigen Erkrankung betreut. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Erforschung der Amyloidose selbst. Als dritte Säule rundet die Selbsthilfegruppe das Programm des Zentrums ab.
Eine Amyloidose, bei der sich fehlgefaltete Eiweiße im Körper ablagern, schwächt oft das Herz, kann aber auch an die Nieren, auf die Nerven oder den Magen und Darm gehen. Aufgrund der unterschiedlichen Beschwerden und der fehlenden Frühzeichen wird die seltene Erkrankung oft sehr spät erkannt. Eine rasche und zielgerichtete Diagnostik ist jedoch entscheidend für die Behandlung und mitunter für das Überleben. Daher haben Spezialisten aus mehr als zehn Fachrichtungen am Uniklinikum Würzburg das erste Interdisziplinäre Amyloidosezentrum Bayerns und das zweite deutschlandweit gegründet.
Erforschung des vielschichtigen Krankheitsbildes
Das Zentrum hat ein ambitioniertes Forschungsprogramm. So werden im Rahmen der Würzburger Amyloidose-Kohortenstudie, kurz AmyKoS, seit August letzten Jahres klinische Daten und Biomaterialien wie Blut, Knochenmark, Gewebeproben von Patienten mit vermuteter und gesicherter Amyloidose gesammelt. Gleichzeitig sollen die Lebensqualität und psychische Belastungsfaktoren dieser Patienten untersucht werden. Ein Vergleich mit Daten früherer Patienten ist mittels des Data Warehouse des DZHI geplant.
„Der Fokus der Analysen liegt auf der Charakterisierung der Organ-beteiligung und der Messung des Behandlungserfolges in den verschiedenen Organen“, erklärt Dr. Sandra Ihne, Koordinative Ärztin des Amyloidosezentrums. „Die Amyloidose wird oft als eine der zahlreichen Volkskrankheiten verkannt. Es gibt mehr als 25 verursachende Eiweiße, und jede Form kann mit unterschiedlichem Muster und Schweregrad der Organbeteiligung auftreten. Die exakte Charakterisierung ist wichtig, da sie die Behandlung der einzelnen Formen bestimmt. Wir versuchen, spezifischere, nicht-invasive Methoden für die Diagnostik zu finden. Die etablierten Parameter sind teilweise ungenau und die invasive Diagnostik ist nicht ganz ungefährlich. Unsere Leitfragen sind: Wie können wir erkennen, ob sich die Eiweiße abgelagert haben? Welche Organe sind in welcher Form geschädigt? Besondere Aufmerksamkeit gilt der Herzbeteiligung, die mit einer schlechten Prognose vergesellschaftet ist.“
Mit PET-CT Unterformen erkennen
Eine vielversprechende Diagnostik-Methode ist die Positronen-Emissions-Tomographie (PET-CT). Sie erlaubt es, Eiweißablagerungen direkt zu visualisieren. Eine erste interdisziplinäre Würzburger Arbeit unter der Leitung von Privatdozent Dr. Constantin Lapa und Professor Dr. Dr. Wolfgang Bauer belegte die Anwendbarkeit von 18F-Florbetaben-PET-CT in verschiedenen Subtypen im Vergleich zu etablierten Methoden wie Echokardiographie und Kardio-MRT. Die Studie wird in Kürze im European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging veröffentlicht. Eine detaillierte prospektive, vergleichende Analyse ist als Unterstudie der AmyKoS geplant. Ein weiteres Augenmerk soll auf die Abgrenzung von Stauungseffekten durch Herzschwäche von einer Leberamyloidose gelegt werden (HepAmyCor).
Studie für die Bedürfnisse von Patienten
Schließlich sollen im Rahmen einer weiteren Studie namens AMY-NEEDS die Bedürfnisse der Patienten unter Miteinbezug der Angehörigen und betreuenden Ärzte untersucht werden. Ziel ist es, ein speziell auf die Amyloidose zugeschnittenes klinisches Versorgungskonzept zu entwickeln. Als ein wichtiger Baustein hat sich die Selbsthilfegruppe entwickelt. Sie trifft sich einmal im Monat im DZHI und gibt Raum für einen Erfahrungsaustausch unter Betroffenen und Angehörigen, Bewältigungsstrategien, Expertengespräche und allgemeine Informationen rund um die Erkrankung.
Sowohl die Selbsthilfegruppe als auch der Patiententag und die beiden Expertenveranstaltungen im Gründungsjahr erfreuten sich einer enormen Resonanz. „Für uns ein Signal, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, freut sich Sandra Ihne, die sich derzeit neue Impulse an dem international führenden Amyloidosezentrum der Foundation IRCCS Policlinico San Matteo im italienischen Pavia holt.
(pi Universitätsklinikum Würzburg,27.02.2019)