Norderstedter Erklärung: Bürokratie in Familien mit behinderten Kindern abbauen!
Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte greift Bürokratiestudie der Bertelsmann-Stiftung auf und fordert mehr Entlastung
Düsseldorf (bvkm) – Der Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. verabschiedete auf seiner Mitgliedsversammlung in Norderstedt eine Erklärung, die das Ziel verfolgt, Eltern behinderter Kinder und Angehörige von pflegebedürftigen Menschen von überflüssigen bürokratischen Abläufen zu entlasteten. Gefordert werden verbesserte Informations- und Serviceangebote, Behördenschreiben in verständlicher Sprache und Entschädigungen, wenn gesetzliche Fristen nicht eingehalten werden.
Laut Bertelsmann-Studie verbringen die 162.000 Eltern behinderter Kinder in Deutschland jährlich rund 6,4 Millionen Stunden mit Formularen, Anträgen und dem Kampf um ihre Rechte. Die Beantragung der Pflegestufe, der Schul-Integrationshelferin oder des geeigneten Rollstuhls kostet die Angehörigen Zeit, Geld und Kraft.
Die Beispiele aus dem Alltag, die der Bundesverband zusammengetragen hat, bestätigen die Studie. Eltern müssen für die Verordnung von Logopädie und Physiotherapie für ihr behindertes Kind verschiedene Ärzte aufsuchen, da die Verordnung durch einen Arzt, dessen Budget zu sehr belasten würde. Nachweise über die Behinderung und über das Einkommen müssen immer wieder neu vorgelegt werden. Rehabilitationsmaßnahmen und Hilfsmittel werden fast regelmäßig erst nach einem Widerspruch gegen die Ablehnung genehmigt.
Um die Situation von Familien mit behinderten Angehörigen zu verbessern, werden mit der Norderstedter Erklärung u.a. folgende Vorschläge vorgelegt:
- Einrichtung eines zentralen Informationsportals zur Verbesserung der Information
- Ausweitung der Anlaufstellen und Broschüren
- Förderung unabhängiger Beratungsangebote für Eltern behinderter Kinder
- langfristig gültige Rezepte für Hilfsmittel und Pflegehilfsmittel
- Erhöhung des Steuerpauschbetrages
- Qualifizierungen der Sachbearbeitungen der Leistungsträger und der Finanzbehörden, um fehlerhafte Rechtsanwendungen zu vermeiden
- Eine Aufklärungskampagne der Bundesregierung, die deutlich macht, dass Eltern behinderter Kinder und behinderte Menschen nicht Bittsteller, sondern Leistungsberechtigte sind.
Der Bundesverband regt die Bertelsmann-Stiftung darüber hinaus dazu an, einen Wettbewerb für einen vorbildlichen Bürokratieabbau für Familien mit behinderten und pflegebedürftigen Angehörigen auszurichten.
Die ausführliche Norderstedter Erklärung und weitere Beispiele bürokratischer Hindernisse finden Sie im Internet unter www.bvkm.de.
____________________________
Der Bundesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte e.V. ist ein Zusammenschluss von rund 28.000 Mitgliedsfamilien in rund 250 regionalen Selbsthilfeorganisationen. Er vertritt u.a. die Interessen behinderter Menschen gegenüber Gesetzgeber, Regierung und Verwaltung.