Kölner Stadt-Anzeiger: 14 Millionen Euro für Medikamente zweier Patienten
Köln (ots) – Die Gemeinsame Betriebskrankenkasse Köln verlangt als erste deutsche Krankenversicherung von ihren 30.000 Versicherten seit 1.Juli einen Sonderbeitrag von acht Euro pro Monat. Das berichtet der „Kölner Stadt-Anzeiger“ in seiner Mittwoch-Ausgabe. Erstmalig soll der Zusatzbeitrag zum 20. September eingezogen werden. Nach Angaben des GBK-Vorstands Helmut Wasserfuhr ist die Betriebskrankenkasse in den Jahren 2005 und 2006 durch zwei Versichertenfälle in die roten Zahlen geraten.
„Wir hatten gleich zwei seltene Fälle von Bluter-Erkrankungen. In einem Fall handelt es sich um einen 26 Jahre alten Versicherten, im zweiten um ein damals sechs Jahre altes Kind.“ Für die Medikamente zur Verhinderung der Blutgerinnung habe man in den beiden Jahren rund 14 Millionen Euro aufwenden müssen. Im Jahr 2005 habe man allein zehn Millionen Euro für den 26-Jährigen bezahlt, so der GBK-Vorstand. Weltweit gebe es nur ein einziges Mittel, entsprechend teuer sei die Medikation. „Wir sind durch diese beiden Patienten zu einem Sanierungsfall geworden und hätten eigentlich schließen müssen“, so Wasserfuhr. Im Rahmen der Ausgleichszahlungen innerhalb des Betriebskrankenkassen-Systems sei der Kölner GBK „zunächst unter die Arme gegriffen worden“. Im Juli habe der Sanierungsbeirat dann den Sonderbeitrag beschlossen, „weil wir derzeit nicht in der Lage sind, die Schulden zu begleichen, zumal wird jetzt auch noch 600.000 Euro für die Schweinegrippen-Impfung einstellen müssen.“
Wie lange der Sonderbeitrag erhoben wird, ist noch unklar. Das hänge von der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung ab. Der 26-jährige Patient ist nach Angaben des GBK-Vorstands inzwischen aus der Versicherung ausgeschieden. Der Sonderbeitrag hat zur Folge, dass die 30.000 Mitglieder der GBK ein Sonderkündigungsrecht in Anspruch nehmen können. Bei der GBK Köln sind vor allem Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der Tochterunternehmen der Stadt Köln wie der Rhein-Energie und der Kölner Verkehrs-Betriebe versichert.
(Pressemeldung des Kölner Stadt-Anzeigers auf www.presseportal.de)
Kommentar:
Man erlaube uns, darüber nachzudenken, was Medikamentenkosten in dieser Höhe rechtfertigt. Mit Verlaub, wir stellen hier nicht die Verschreibung und die Kostenübernahme für die Medikamente in Frage. Zudem bleibt es unbenommen, dass die Kosten für die Entwicklung eines Medikamentes im Rahmen seltener Krankheiten von weniger Patienten wieder eingefahren werden muss.
Die Generika-Diskussion und auch länderübergreifende Preisvergleiche für andere Medikamente haben allerdings ganz allgemein den großen Spielraum für die Preisgestaltung bei Medikamenten deutlich gemacht. Wir zweifeln daher an, dass der Pharmahersteller einen anderen Grund für einen derart hohen Preis angeben kann, als seine Monopolstellung am Markt.
Es ist an der Zeit, dass das sich zunehmend vernetzende System von Organisationen für Menschen mit seltenen Krankheiten – Patienten und Forscher gemeinsam – gegen diese Willkür der Abzocke auflehnt.
Orpha Selbsthilfe/Birgit Barth