Seltene Erkrankungen: Wie Patienten kompetent und gleichzeitig wohnortnah versorgen?
Institut Arbeit und Technik zum „Shared Care“ Ansatz
Seltene meist chronische Erkrankungen stellen für die Versorgung der Patienten ein besonderes Problem dar: Es gibt zwar Experten und Forscher in hochqualifizierten Versorgungszentren, viele Patienten bevorzugen jedoch eine wohnortnahe Normalversorgung, weil sie weite Wege zum Spezialisten scheuen. Um Erforschung seltener Krankheiten und dezentrale Versorgung der Patienten besser zu verbinden ist eine neue Zusammenarbeit aller Beteiligten von der Diagnose über Behandlung bis zur Nachsorge im Sinne einer „Shared Care“ notwendig.
Diesen Schluss zieht der Gesundheitsökonom Stephan von Bandemer vom Institut Arbeit und Technik (IAT/ Westfälische Hochschule). Auf einem Symposium in Berlin werden heute (23.3.) aktuelle Projektergebnisse zu „Versorgungsforschung und Betroffenenalltag“ bei seltenen Erkrankungen vorgestellt.
Die Analyse der Patientenmobilität zeigt, dass etwa die Hälfte der Patienten sich am Wohnort und nicht in zentralisierten Kompetenzzentren behandeln lässt. Für die Patienten hat dies zwar den Vorteil, in ihrem gewohnten Umfeld versorgt zu werden und längere Reisen vermeiden zu können, gleichzeitig müssen sie aber auf die spezialisierten Kenntnisse der Kompetenzzentren verzichten. Für die Kompetenzzentren hat dies den Nachteil, dass die Forschung zu den seltenen Erkrankungen durch geringe Patientenzahlen erschwert wird.
Um sowohl den Interessen der Patienten als auch den Anforderungen an die Bündelung von Kompetenzen gerecht zu werden, müssen neue Formen der Zusammenarbeit geschaffen werden. „Mit Shared Care lässt sich die Kompetenz zum Patienten bringen und gleichzeitig Forschung sichern“, so von Bandemer. Lösungsansätze für diese Anforderungen sieht er in einer sektor- und berufsgruppenübergreifenden Koordination von Forschung und Versorgung. Die Kompetenzzentren können Diagnose- und Behandlungsstandards sowie individuelle Therapiepläne bereitstellen, die die Versorger in der Fläche entsprechend unterstützen. Abgestimmte Therapiepläne, die auch die Patientenwünsche berücksichtigen und die unterschiedlichen Berufsgruppen einschließen, können auf dieser Basis individuell vereinbart und wohnortnah umgesetzt werden.
Auf der anderen Seite sollte die Forschung in den Kompetenzzentren durch den Aufbau von Patientenregistern unterstützt werden. Register ermöglichen es den Kompetenzzentren, Patienten für klinische Studien zu rekrutieren und damit neue Therapieverfahren zu erproben, schlägt von Bandemer vor. Gleichzeitig bieten sie den Patienten die Chance, von innovativen Therapiemöglichkeiten zu profitieren.
Auf dem Symposium werden die Studienergebnisse des vom BMBF geförderten Projektes „EiVE: Entwicklung innovativer Versorgungsformen am Beispiel seltener Erkrankungen“ präsentiert und diskutiert.
(Pressemitteilung des Instituts Arbeit und Technik)