Kann hinter chronischen Schmerzen eine seltene Erkrankung wie Morbus Fabry stecken?
Rund 2.000 Teilnehmer besuchten vom 07.-09. März 2019 die zahlreichen Veranstaltungen beim 30. Deutschen Schmerz- und Palliativtag (DGS) in Frankfurt a.M. In einer dieser Veranstaltungen ging es um Neuropathische Schmerzen. Es kann ein Morbus Fabry dahinterstecken…
Dass neuropathische Schmerzen viele Ursachen haben können, erläuterte DGS-Vizepräsidentin Dr. med. Silvia Maurer bei einem Lunchsymposium. Die häufigsten seien Diabetes und Alkoholmissbrauch, sie stellen in 80 Prozent der Fälle die Ursache. Allein an diabetischer Polyneuropathie leiden laut Maurer in Deutschland etwa 3,5 Millionen Menschen. Insgesamt ist Neuropathie nach Kopf- und Rückenschmerz die dritthäufigste Ursache für Arztkonsultationen. In der Regel haben Betroffene einen langen Leidensweg hinter sich, bis die Diagnose gestellt wird, im Durchschnitt suchten sie acht Ärzte in zehn Jahren auf. Dabei sei die Diagnose relativ leicht zu stellen. Neben Schmerzfragebögen (wie etwa bei der Online-Dokumentationsplattform iDoc Live®) eigne sich auch ein Streich-Test mit Wattebausch: „Beim neuropathischen Schmerz liegt immer eine Nervenschädigung vor, die zu Allodynie oder Hyperalgesie führt. Dann löst schon das Berühren mit einem Wattebausch Schmerzen aus“, erklärte Maurer.
Unter diesen positiven sensorischen Phänomenen litten Patienten deutlich mehr als an den negativen wie vermindertes Oberflächen-, Vibrations- oder Temperaturempfinden. Maurer behandelt selbst Neuropathie-Patienten und weiß: Auch Medikamente und Infektionen können eine Neuropathie auslösen, darunter Chemotherapeutika, antiretrovirale Medikamente, manche Antibiotika (etwa Ethambutol, Isoniazid oder Chloramphenicol) sowie Substanzen wie Thiouracil, Nitrofurantoin, Disulfiram zur Therapie der Alkoholabhängigkeit oder HIV-Medikamente. Eine ausführliche Anamnese sei daher unabdingbar – manchmal stecke auch eine andere Erkrankung dahinter, etwa die lysosomale Speicherkrankheit Morbus Fabry wie Prof. Dr. med. Thomas Duning, Klinik für Neurologie mit Institut für Translationale Neurologie, Uniklinik Münster im Anschluss erläuterte.
Viele Morbus-Fabry-Patienten würden mit den unterschiedlichsten Symptomen bei verschiedene Fachärzten vorstellig, ein häufiges Symptom darunter: neuropathischer Schmerz. „Doch wenn die einzelnen Symptome nicht als Paket betrachtet und miteinander in Verbindung gebracht werden, ist die Diagnose schwierig“, so Duning. Bis zu 18 Jahre könne es dauern, bis ein Arzt die Erbkrankheit erkenne. Für die Zuhörer hatte Duning einen einfachen „Fabry-Fakten-Check“ im Gepäck: „Hat ein Patient schon als Kind neuropathische Schmerzen, kann nicht schwitzen und zeigt am Bauch kleine rot-lila Pünktchen – ziehen Sie einen Morbus Fabry in Betracht!“ Sicherheit kann dann ein Blut- oder Gentest bringen.
(pi Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V., 11.03.2019)