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Herz. Bild: Gerd Altmann. Lizenz: CC0

Göttingen: Musiktherapie für herzkranke Kinder und Frühgeborene

Ein Krankenhausaufenthalt ist ein einschneidendes Erlebnis für ein Kind und dessen Eltern. Früh- und Neugeborene sowie Kinder mit einer Herzerkrankung erhalten an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) eine umfassende medizinische Versorgung. Der Aufenthalt ist dabei auch oft mit einer zeitweisen Trennung von den Bezugspersonen, mit physiologischer Instabilität oder Schmerzen verbunden. Je nach Schwere der Erkrankung und Dauer des Klinikaufenthalts kann sich so eine Erfahrung hemmend auf die Entwicklung ausüben – das Kind legt eine Entwicklungspause ein oder macht scheinbar Rückschritte. Zudem können sich bei den betroffenen Kindern und ihren Eltern Gefühle von Ohnmacht, Unsicherheit, Mutlosigkeit, Trauer, Wut oder Angst einstellen, die unter Umständen den Fortschritt der Genesung behindern.


Genau für diese schwierige Lage von Kindern und Eltern gibt es in der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin (Direktor: Prof. Dr. Thomas Paul) der UMG ein neues therapieunterstützendes Angebot. Auf den Stationen der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin arbeitet seit Ende letzten Jahres die Musiktherapeutin Hella von Wedelstädt. Das Therapieangebot richtet sich an Kinder, die durch eine vorzeitige Geburt oder durch eine Herzerkrankung einer intensiven medizinischen und pflegerischen Versorgung bedürfen, sowie an deren Eltern.

„Die Musiktherapie ist in diesem Setting ein wichtiges, regulierendes Angebot, das sowohl für die Kinder als auch für ihre Eltern auf einer emotionalen wie einer sozialen Ebene Verbesserungen erzielen kann“, sagt von Wedelstädt.

„Wir sind sehr glücklich darüber, Frau von Wedelstädt in unserem Team zu wissen. Diese Form der Therapie kann für unsere kleinen Patienten eine wertvolle Hilfe zur Verarbeitung der Erkrankung und des Krankenhausaufenthaltes sein. An dieser Stelle gilt ein großer Dank den Elternvereinen Kleine Löwen e.V. sowie GEKKO, durch deren Unterstützung die Musiktherapie erst ermöglicht und finanziert werden konnte“, sagt Prof. Dr. Thomas Paul, Direktor der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin der UMG.

Die Musiktherapie

Bereits ab der 24. Schwangerschaftswoche kann das ungeborene Kind akustische Reize von außen wahrnehmen. Dies geschieht gefiltert durch die Bauchwand der Mutter. Bei einer zu frühen Geburt ist das Kind somit zunächst einer akustischen Reizüberflutung ausgesetzt, die es nur schwerlich verarbeiten kann. Ziel der Musiktherapie ist es, das Kind an diesem Punkt aufzufangen und positiv zu stimulieren. Durch fein abgestimmtes improvisatorisches Summen und Singen können Regungen des Kindes in der Musik aufgenommen und wiedergespiegelt werden. Dazu beobachtet von Wedelstädt die Mimik und Gestik, deutet die Stimmung, singt und summt zum Atemrhythmus des Kindes und bietet dadurch Kontakt an. Das Kind bekommt Halt und Rhythmus vermittelt, an dem es sich orientieren kann. Die positiven und beruhigenden Hörerfahrungen führen zu einer vegetativen Entspannung. Dabei kann sich die Beruhigung des erkrankten Kindes durch eine verbesserte Sauerstoffsättigung und eine sich normalisierende Herz- und Atemfrequenz zeigen. Die kleinen Herzpatienten erlernen dabei die Möglichkeit, sich selbst zu regulieren. Wenn sich das Befinden des Kindes stabilisiert, wirkt sich dies auch positiv auf die Eltern aus. Zudem können die akustischen Reize der Intensivstation durch die Musik maskiert und reduziert werden.

Auch ältere Kinder profitieren vom Einsatz der Musiktherapie. Sie erfahren dabei in der Begegnung mit der Therapeutin eine stärkende und bereichernde Abwechslung vom Klinikalltag. In der belastenden Geräuschkulisse einer Intensivstation können angenehme und wohltuende Klänge beim gemeinsamen Singen, Musikhören oder Musizieren die Schmerzen für eine Zeit lang vergessen lassen. Sorgen und Ängste werden hörbar gemacht und verarbeitet. So wird die emotionale Stimmung gehoben. Die Kinder können in der Musiktherapie selbst aktiv werden, sie erleben dabei ein Gefühl von Autonomie. Die psychische Stabilisierung durch die Musiktherapie unterstützt so den körperlichen Heilungsprozess, wirkt stresshemmend und entwicklungsfördernd.

Bislang wird das Angebot der Musiktherapie noch nicht von den Krankenkassen übernommen und muss privat finanziert werden. An der Universitätsmedizin Göttingen wird das Angebot durch die Eltern-Selbsthilfegruppe GEKKO (Göttinger Eltern kardiologischer Kinder Kontaktgruppe) sowie dem Elternverein Kleine Löwen e.V. getragen.

(pi Universitätsmedizin Göttingen, 15.03.2018)

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