Ärztliche Zweitmeinung optimiert Therapieansatz
Charité-Studie beschreibt Vorteile für Hodenkrebs-Patienten
Berlin (umb) – Das Einholen einer Zweitmeinung kann dabei helfen, den richtigen Therapieansatz zu finden. Das belegt eine gemeinsame Studie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der German Testicular Cancer Study Group (GTCSG), die in der Fachzeitschrift European Urology* veröffentlicht wurde. Die Deutsche Krebshilfe förderte das Projekt mit insgesamt 375.000 Euro.
Welche Therapie ist die richtige? Diese Frage stellt sich jeder Urologe vor Behandlungsbeginn bei Hodenkrebs. Prof. Mark Schrader von der Klinik für Urologie hat dazu ein internetbasiertes Zweitmeinungssystem für Hodenkrebstherapien ins Leben gerufen. Ziel ist, Ärzte bei der Therapieplanung optimal zu unterstützen. Dazu muss der Arzt nur die Befunde des Patienten, Diagnose und Therapievorschlag in eine Online-Erfassungsmaske eingeben. Ein Experte aus dem Zweitmeinungszentrum bearbeitet umgehend den Patientenfall und erstellt eine ärztliche Zweitmeinung. Die ausgewiesenen Experten sitzen in Universitätskliniken, Krankenhäusern und ambulanten Versorgungseinrichtungen.
Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 642 Anfragen von Klinikärzten und niedergelassenen Urologen bearbeitet und ausgewertet. Bei einem Drittel der Fälle kam die Zweitmeinung zu einer abweichenden Therapieempfehlung. Davon führte jede sechste sogar zu einer starken Korrektur des Therapievorschlags. Insbesondere in fortgeschrittenen Erkrankungsstadien unterschieden sich der erste und der zweite Behandlungsansatz deutlich. So konnte die Dosis der Chemotherapie in 40 Prozent der Fälle reduziert werden, nur in 25 Prozent war mehr Wirkstoff nötig. „Das ist ein entscheidender Aspekt, denn eine falsche Medikation kann die Lebensqualität der Patienten schwerwiegend beeinträchtigen und bis hin zu lebensbedrohlichen Komplikationen und unabsehbaren Nebenwirkungen führen“, sagt Prof. Schrader.
Der Empfehlung folgten 70 Prozent der Ärzte. Das zeigt eine hohe Bereitschaft, einen Kollegenrat anzunehmen. „Überträgt man dieses System der Zweitmeinungen auf andere onkologische und nicht-onkologische Erkrankungen, dann erreicht man wesentlich effektiver, dass bestehende Richtlinien auch gezielt angewendet werden“, ist Prof. Schrader überzeugt, da sich die Zweitmeinungsspezialisten strikt an die Empfehlungen der Europäischen Gesellschaft für Urologie hielten.
*Mark Schrader et al.: Burden or Relief: Do Second-Opinion Centers Influence the Quality of Care Delivered to Patients with Testicular Germ Cell Cancer?, European Urology, DOI: 10.1016/j.eururo.2009.10.032
(Pressemeldung der Charité – Universitätsmedizin Berlin)