Du bist nicht alleine...

Die Isolation überwinden

Gemeinsamkeiten bei Seltenen Krankheiten

Kiel – Für Viele ist es eine wahre Odyssee. Man ist krank, Etwas stimmt nicht und Keiner weiß, was es ist. Das Erscheinungsbild ist vielfältig. Es kann Organe, Knochen, Nerven oder schlichtweg den ganzen Körper betreffen. Es kann sich um Entzündungen, Tumoren oder Autoimmunreaktionen handeln. Es kann bei der Geburt schon vorhanden sein, viele Jahre später beginnen oder auch den Lebensabend zur Hölle machen. Das Erscheinungsbild ist uneinheitlich und betrifft nur wenige Menschen gleichermaßen. Doch gibt es für alle Krankheiten nur einen einzigen Oberbegriff: Seltene Krankheit.

Vier Millionen Menschen in Deutschland erleben tagtäglich das Gleiche. Sie werden von Arzt zu Arzt herumgereicht, in Hörsälen zur Schau gestellt oder sind Versuchskaninchen für Medikamente, deren Wirkung auf ihre Krankheit nicht bekannt ist. Einige werden über Jahre als Simulanten verunglimpft und verlieren wegen einer angeblich nicht vorhandenen Krankheit ihre Arbeitskraft, ihr Selbstwertgefühl und ihre Lebensqualität. Andere erhalten schließlich eine Diagnose und dennoch weiß kein Arzt, wie er mit ihnen umgehen soll, denn zumeist gibt es weder Behandlungsmethoden noch Medikamente. Millionen Menschen und ihre Familien erleben so in Deutschland tagtäglich die Hölle auf Erden.

Gemessen an der Gesamthäufigkeit des Auftretens von Seltenen Krankheiten finden nur wenige Menschen in Vereinen und Verbänden zueinander. Über viele kleine Foren verstreut äußern die von unterschiedlichsten Krankheiten Betroffenen immer wieder die gleiche Frage: „Gibt es Jemanden, der das Gleiche hat, wie ich? Ich suche Jemanden, der ebenfalls von meiner Krankheit betroffen ist.“ Und auch das Ergebnis der Suche ist häufig das Gleiche, denn ist man von einer Seltenen Krankheit betroffen, erhält man zumeist keine Antwort.

„Mit Sicherheit gibt es keine Patentrezepte, nach denen ein Betroffener verfahren könnte“, sagt Birgit Barth von der Orpha Selbsthilfe (www.orpha-selbsthilfe.de). „Doch gibt es durchaus Möglichkeiten, sich gegenseitig zu stärken. Da fast alle Menschen, die von einer Seltenen Krankheit betroffen sind, das Gleiche durchmachen, können sie sich auch über ihre speziellen Krankheiten hinweg austauschen. Es kann um Fragen gehen, wie man mit seiner unbekannten Krankheit einem Arzt gegenübertreten sollte, wie man mit einer nicht aufgeführten Krankheit seine Ansprüche beim Versorgungsamt geltend machen kann oder auch einfach um Erfahrungsaustausch vor verschiedenen Hintergründen. Dieser Austausch ist sehr wichtig.“

Und tatsächlich ist es so, dass es mehr Gemeinsamkeiten gibt, als die Meisten vermuten würden – selbst im Hinblick auf gängige Behandlungsmethoden. Man wundert sich, für wie viele verschiedene Krankheiten gleichermaßen der Versuch gemacht wird, die Symptomatik mittels Cortison einzudämmen oder das Immunsystem mit einer Chemotherapie auszuschalten. Auch Wunden, Schmerzen und Juckreiz werden krankheitsübergreifend immer gleich behandelt. Und nicht Jeder ist gleichermaßen firm bei der Informationssuche via Internet. Auch da kann gegenseitige Hilfe viel bewirken.

„Gerade weil sich jeder Betroffene so unendlich alleine fühlt, ist es nicht einfach, Menschen mit Seltenen Krankheiten zusammenzubringen“, meint Barth. „Von vier Millionen Betroffenen haben sich nach einem Jahr man gerade 46 bei uns als User auf der Seite registriert. Die Zahl der stillen Mitleser wächst aber beständig. Das sind tageweise schon zehnmal so viele. Fünf Krankheiten haben bereits einen eigenen Forenbereich. Ich bin voller Hoffnung, dass wir Betroffenen auf längere Sicht zusammenfinden werden.“

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