Liebe Claudia
Ich komme mal wieder, wie immer sehr spät. Doch habe ich viel an Dich gedacht. Und nun lese ich, dass die Diagnose LFS bestätigt worden ist. Das tut mir sehr leid für Dich und ich kann gut nachempfinden, wie es nun in Dir aussieht, wie es Dir geht. Auch ich hatte 1993 das Gefühl, gerade mein Todesurteil gefasst zu haben, hatte Angst vor immer neuen Metastasen, vor Medikamentenresistenzen, vor dem Unheil, das die vielen Strahlen, die ich schon bekommen hatten auslösen würden...
Viele Ärzte wissen leider über LFS überhaupt nichts, bzw. weil es selten ist, denken sie einfach gar nicht dran. Auch bei mir kam ein anderer Arzt auf den Gedanken, nicht der behandelnde Onkologe. Meiner war auf einem Kongress gewesen und hatte da von meinem kuriosen Fall palavert - da hatte ein anderer die zündende Idee. Was für ein Glück, sage ich heute.
Es gibt das LFS, das angeboren ist - das der Embryo schon im Stadium des Körperaufbaus trug und das so alle Zellen beeinflusst, die in diesem Körper sind. Die Mutation ist also in jeder Zelle drin.
Das erworbene, das Dich so verwirrt hat, ist es, wenn es später durch eine Spontanmutation auftritt (warum diese auftritt weiss man in der Regel nicht)
Der wichtigste Unterschied zw. dem angeborenen und dem erworbenen LFS ist eben der, das beim angeborenen Defekt die Kinder unbedingt geprüft werden sollten, weil aus Deinen Zellen immer auch das LFS weitergegeben wird.
Beim erworbenen kommt es drauf an, wann Du das erworben hast – vor oder nach der Geburt der Kinder.
Wenn ich aber lese, was Du für eine supertolle Ärztin hast, denke ich, sie hat Dir das längst alles erklären können. Ich freue mich sehr für Dich, dass Du so eine kompetente und offenbar auch noch menschlich wertvolle Frau und Ärztin bekommen hast.
Das mit Deinem Mann ist haevy und kommt zu einem Zeitpunkt, der wirklich nicht ideal ist.
Trinkt er häufiger oder war das einfach seine Reaktion auf Deine Befindlichkeit?
So wie Du lernst, damit zu leben, kann auch er es tun, aber es braucht Kraft und geht nicht von heute auf morgen.
Eines aber kann ich Dir noch sagen, das gut ist zu wissen: so doof das sonst mit dem LFS ist, es begünstigt die Entstehung von Krebstumoren, ABER LFS-Menschen haben so gut wie nie Metastasen. Viel wahrscheinlicher ist es bei uns, dass wir einen ganz andern Tumor bekommen als wie ihn zuvor hatten – Metastasen aber sind bei uns sehr selten.
Laien sagen dann, das ist doch so lang wie breit ob es neue Tumore sind oder Metastasen. Krebs ist Krebs meinen sie. Das kann man natürlich so sehen, aber es ist um ein vielfaches besser, wenn die Metastasen ausbleiben, als wenn vielleicht irgendwann ein ganz neuer, anders aufgebauter Tumor wächst. Resistenzen sind so vom Tumor her praktisch ausgeschlossen – und das ist ein Glück.
Und das Krebskarussell dreht sich auch nicht unaufhörlich. Es kann lange Intervalle zwischen den einzelnen Erkrankungen geben, wo Du Dich gänzlich wohlfühlst, ausser vor den Kontrollen, wo wir alle bibern.
Low-Dose-CT ist okay, Das wird auch bei mir gemacht, dort, wo ein MRI keine zuverlässigen Bilder liefern kann. Ich feiere im Januar 2010 mein 6 1/2 – Jähriges Jubiläum (seit 6 ½ Jahren tumorfrei)
Lange glaubte ich nicht, dass sowas bei mir je möglich sein wird, da ich immer neue Tumore hatte, kaum ein Jahr Ruhe zwischen den einzelnen Behandlungen. Ich bin nicht die einzige, die so einen Verlauf „zeigt“.
Und das mit dem nur am Ende veränderten Defekt – das ist wirklich positiv. Ein intaktes Gen musst Du Dir so vorstellen wie ein Chromosom, 2 gleichlange sogenannte Chromosomenarme
Siehe
http://p53.free.fr/p53_info/p53_gene.htmloberes Bild, Chromosom 17
Je kürzer ein Arm gegenüber dem andern ist, umso schwerwiegender wirkt sich das LFS aus.
Wenn Dein Befund zeigt, dass nur das untere Ende befallen ist – deutet dies in der Tat auf einen milden Verlauf hin.
Bei einem Freund von mir, auch LFS-ler, war mehr als 2/3 des Armes befallen – er starb vor 8 Jahren an einem Hirnstammtumor – der eigentlich sogar noch gutartig war (aber am Hirnstamm ist das leider auch kein guter Befund)
Seine Schwester hat ebenfalls das LFS – sie hat einen ähnlichen Befund wie Du, hatte mit 19 Brustkrebs (auch ihr Arzt lachte sie aus, als sie den Verdacht auf Brustkrebs äusserte und auch noch, als sie sagte, ihre Mutter hätte ebenfalls mit 23 Brustkrebs gehabt und ihr kleiner Bruder mit 3 Jahren schon ein Sarkom – sie wussten bis dahin allerdings noch nichts davon, dass sie alle LFS haben, auch die Mutter) Erst als dann bei Susanne wirklich ein Brustkrebs gefunden wurde, bekam der Arzt die Krise und riet zur Genuntersuchung.
Nun jedenfalls, seit Susanne mit 19 diesen Brustkrebs hatte, das ist 11 Jahre her, hat sie nie mehr was gehabt. Auch ihre Mutter, ist seit ihrer BK-Erkrankung bis heute ohne neuen Befund geblieben.
In der Familie gibt es auch 2 Kinder, die das LFS nicht von der Mutter geerbt haben.
Du siehst, alles ist möglich.
Habe Susanne schon mehrfach gefragt, ob sie nicht hier im Forum mittun möchte, aber sie will nicht, sie möchte Abstand gewinnen von dieser schlimmen Sache (was man ja irgendwo auch verstehen kann)
Jetzt neigt sich dieses Jahr bald dem Ende zu, es war für viele, die ich kenne happig, auch für mich.
So wünsche ich Dir, aber auch Yuuki, Birgit und allen, die hier mitlesen von ganzem Herzen ein besseres Jahr 2010, mit Gesundheit, Wohlbefinden, Geborgenheit, Zuversicht und Lebensfreude
Ganz herzliche Grüsse sendet Euch
Ladina