Wohnen:
Asbest in der Wohnung – 10 % Mietminderung
Die Rechte von Mietern, die in einer Wohnung leben, in der asbesthaltige Stoffen verbaut wurden,
sind vom Berliner Landgericht (Az. 65 S 419/10) gestärkt worden.
Bereits eine gerissene asbesthaltige Fußbodenfliese, so der Entscheid der Richter vom 16. Januar 2013,
berechtigt zu einer Mietminderung in Höhe von 10%.
Die Folgen dieser Entscheidung könnten weitreichend sein und die Vermieter teuer zu stehen kommen.
Die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft Gewobag ist im konkreten betroffen.
Das Gericht verpflichtete sie, einem Mieter für die Zeit von Januar 2006 bis Juli 2008 eine Mietminderung von monatlich 77,23 € zu gewähren - insgesamt 2394,13 €.
Tipp: Es könnten jetzt alle anderen Mieter, in deren Wohnung eine asbesthaltige Bodenplatte gerissen ist, ebenfalls die Miete mindern.
Empfehlung: Auf diese Weise sind die Vermieter zur schnellen Sanierung der Wohnungen gezwungen.
Im Fall, dass mehrere Bodenplatten gerissen seien, könnte ggf. sogar um einen noch höheren Prozentsatz gemindert werden.
Urteilsbegründung:
Die Gebrauchstauglichkeit der Mietwohnung war dadurch gemindert, dass ihre Benutzung mit der Gefahr einer Gesundheitsbeeinträchtigung verbunden war.
In der Tatsache, dass der Mieter ein Regal auf die gerissene Bodenplatte gestellt hatte, sahen man keine Mitschuld.
Das Gericht ließ es gar dahinstehen, ob der Bruch der Platte durch eine Unachtsamkeit des Mieters entstanden sei oder nicht.
Das Aufstellen eines Regals könne ihm »nicht angelastet werden«, denn es stelle
"einen üblichen Mietgebrauch der Wohnung" dar.
Bodenfliesen müssten das aushalten.
Eine Revision gegen seine Entscheidung ließ das Landgericht nicht zu.
Die Gewobag ihrerseits will nun prüfen, ob sie gegen die Nichtzulassung der Revision Beschwerde einlegt.
Wie weitreichend das Problem ist und wie viele Wohnungen in Berlin mit asbesthaltigen Bauteilen ausgestattet sind, darüber herrscht einige Unklarheit.
Von rund 60.000 spricht der Mieterverein. Schätzungen der Gewobag gehen davon aus,
dass bei 14.000 ihrer 54.000 Mietwohnungen asbesthaltige Bodenplatten eingebaut wurden.
Diese Entscheidung des Landgerichts dürfte als weiteres Glied in einer Kette der mieterfreundlichen Rechtsprechung zu sehen sein.
Der letzte Fall datiert aus dem Dezember 2012 und betraf ebenfalls die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag.
Einer Familie mit drei Kindern, die in einer Wohnung mit beschädigten Asbestplatten lebte,
sprach das Gericht das Recht auf Schadenersatz zu, sollte eines der Kinder später durch Asbestfasern krank werden.
Auch in diesem Fall will die Wohnungsbaugesellschaft in Revision gehen.
Fundquelle: Auszug – „Neues Deutschland“ März 2013