Erspartes Blindengeld und Grundsicherung
Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 11.12.2007, Az. B 8/9b SO 20/06 R.
Danach ist das aus dem Blindengeld angesparte Guthaben bei der Gewährung der Hilfe zum Lebensunterhalt nicht als Vermögen zu berücksichtigen.
In der Entscheidung heißt es insoweit:
"Der Zweck des Blindengeldes allein rechtfertigt es zwar noch nicht, den Einsatz oder die Verwertung des aus Blindengeld angesparten Vermögens als objektive Härte anzusehen. Hinzu kommt aber, dass das Landesblindengeld unabhängig von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen gezahlt wird.
Dieser Umstand und die Tatsache, dass es pauschal ohne Rücksicht auf einen im einzelnen Fall nachzuweisenden Bedarf gezahlt wird, lassen nämlich den Schluss zu, dass der Gesetzgeber mit dem Blindengeld nicht allein einen wirklichen oder erfahrungsgemäß vorhandenen wirtschaftlichen Bedarf (typisierend) steuern, sondern mit dem Blindengeld auch Mittel zur Befriedigung laufender und immaterieller Bedürfnisse des Blinden ermöglichen wollte.
Hierdurch wird dem Blinden die Gelegenheit eröffnet, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen (BSG SozR 3-5922 § 1 Nr 1 S 4; BVerwGE 32, 89, 91 f - zur Blindenhilfe).
Dabei bleibt es dem Blinden überlassen, welchen blindheitsbedingten Bedarf er mit dem Blindengeld befriedigen will. Art und Umfang des Bedarfs hängen auch von seinen persönlichen Wünschen ab.
Ob der Blinde das Blindengeld tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet, ist dabei nicht zu prüfen (Niedersächsisches OVG, Urteil vom 21. Januar 1970 - IV A 104/68 - FEVS 17, 256).
Darüber hinaus gibt das GHBG keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass das Blindengeld für die blindheitsbedingten Mehraufwendungen des laufenden Monats oder jedenfalls zeitnah zu solchen Aufwendungen einzusetzen ist.
Angesichts der Tatsache, dass Art und Umfang des Bedarfs auch von den persönlichen Wünschen des Blinden abhängen, liegt es auf der Hand, dass eine zweckentsprechende Verwendung auch dann gegeben ist, wenn der Blinde eine Anschaffung in höherem Wert tätigt, die nicht durch das laufende Blindengeld, sondern nur durch ein Ansparen ermöglicht werden kann.
Wenn sich weder der blindenspezifische Mehraufwand verbindlich und abschließend umschreiben lässt, ein solcher Mehraufwand sogar gänzlich fehlen kann, ohne dass die Anspruchsvoraussetzungen hierfür entfallen ( BSG SozR 4-5921 Art 1 Nr. 1 S 3 ), noch ein Nachweis über die bestimmungsgemäße Verwendung gefordert werden kann, so kann von dem Blinden auch nicht verlangt werden, dass aus dem angesparten Blindengeld zu tätigende größere Anschaffungen bereits konkret in die Wege geleitet worden sind, wie das LSG andeutet.
Das angesparte Blindengeld wird also, wenn es nicht verbraucht wird, nicht zweckneutral,
sondern dient auch weiterhin dem blindheitsbedingten Mehrbedarf, dessen Art und Umfang von den persönlichen Wünschen des Betroffenen abhängen, ohne dass geprüft werden dürfte, ob es tatsächlich bestimmungsgemäß verwendet wird.
Dies gilt jedenfalls so lange die Blindheit fortbesteht; ist dies nicht mehr der Fall, kann auch das aus dem Blindengeld angesparte Vermögen keine blindheitsbedingten Mehraufwendungen mehr befriedigen. Blindheitsbedingte Mehraufwendungen können dann nicht mehr auftreten."