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Selbsthilfe-Netzwerk für Männer mit Brustkrebs gegründet

Bundestagung der Frauenselbsthilfe nach Krebs in Magdeburg

Magdeburg (ct) – „Egal, wohin wir uns nach der Diagnose Brustkrebs wenden, wir Männer sind mit dieser Krankheit eigentlich nie am richtigen Ort“ – das ist die bittere Erkenntnis von Peter J., bei dem vor drei Jahren Brustkrebs diagnostiziert wurde. Er wandte sich an die Frauenselbsthilfe nach Krebs (FSH), die seit 30 Jahren die Interessen von Krebskranken vertritt. Um betroffene Männer zu unterstützen, initiierte die größte deutsche Krebs-Selbsthilfe¬organisation heute im Rahmen ihrer Bundestagung in Magdeburg ein bundesweites Netzwerk für Männer mit Brustkrebs. Unterstützt wird sie dabei von der Deutschen Krebshilfe.

„Zurzeit gibt es keine Selbsthilfeorganisation, die sich dieser Patientengruppe annimmt“, erläutert Brigitte Overbeck-Schulte, Bundesvorsitzende der FSH. Aber gerade Männer befänden sich nach der Diagnose Brustkrebs häufig in einer psychologisch äußerst schwierigen Situation. Die Tatsache, dass sie von einer typischen Frauenkrankheit betroffen seien, die zudem die Gefahr einer genetischen Veranlagung in sich berge und somit eventuell auch Familienangehörige beträfe, bedeute eine zusätzliche enorme psychische Belastung. „Hier sind die Angebote der Selbsthilfe – psychosoziale Unterstützung und der Erfahrungsaustausch mit Gleichbetroffenen – sehr wichtig“, so Overbeck-Schulte.

Prinzipiell sind die Heilungschancen von Männern mit Brustkrebs nicht schlechter als die der betroffenen Frauen. Doch die Sterberate bei Männern ist in den vergangenen 25 Jahren im Gegensatz zu der bei Frauen nicht gesunken. Grund dafür: Brustkrebs wird bei Männern häufig zu spät entdeckt, da es kein Früherkennungsprogramm gibt, viele Betroffene aus Scham die Symptome einer Brusterkrankung nicht wahrhaben wollen und die zuständigen Fachärzte – in der Regel Gynäkologen – nicht ihre Ansprechpartner sind. Ist die Diagnose dann gestellt, haben Männer deutlich mehr Probleme als Frauen. „Der Wissensstand bezieht sich auf Studien mit sehr geringer Fallzahl, wie das bei seltenen Erkrankungen häufig der Fall ist“, erklärt Professor Dr. Bernhard Wörmann, zuständig für Leitlinien bei der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie und onkologisch tätig in einer Schwerpunktpraxis in Bremen. Diagnostik und Therapie lehnen sich daher in vielen Aspekten an die Erkenntnisse zur Behandlung von Brustkrebs bei Frauen. Es gibt jedoch relevante Unterschiede im biologischen Verhalten der Tumoren, die bei der Betreuung von Männern zu berücksichtigen sind.“ Wörmann hat auch an einer Leitlinie für die Behandlung von Männern mit Brustkrebs mitgearbeitet. Eine solche Leitlinie unterstützt Ärzte und Patienten bei der Entscheidung über Maßnahmen der Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge einer Krebserkrankung.

„Auf der Bundestagung der FSH werden nun die notwendigen Strukturen entwickelt, innerhalb derer die Männer nicht nur psychosoziale Unterstützung finden, sondern auch ihre Interessen nachhaltig vertreten können“, so Overbeck-Schulte. Dafür stelle die FSH ihre Erfahrungen und Infrastruktur zur Verfügung. Für Frauen mit Brustkrebs habe sich der jahrelange Einsatz bereits bewährt. Das zeigen die Fortschritte in der medizinischen und pflegerischen Versorgung. „Aber auch hier gibt es noch viel zu tun“, stellt Overbeck-Schulte fest. „Nach wie vor sind in der Versorgung von Frauen mit Brustkrebs Fälle von Übertherapien und Unterversorgung sowie eine große Behandlungsvarianz feststellbar.“ Angesichts der immer kürzer werdenden Liegezeiten könne in Brustzentren die psychosoziale Betreuung kaum mehr stattfinden. In der Regel höre die optimale individuelle Versorgung der Frauen zudem mit der Entlassung aus dem Krankenhaus auf. Unzulänglich sei vielfach auch die Aufklärung der Frauen – etwa über Möglichkeiten der plastischen Chirurgie nach einer Brustamputation, Nebenwirkungen von Therapien oder Art, Umfang und Zeitpunkt einzelner Nachsorgemaßnahmen.

„Trotz aller Fortschritte in der Behandlung ist Krebs nach wie vor eine potentiell tödliche Erkrankung“, betont Gerd Nettekoven, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krebshilfe, in Magdeburg. Daher müsse die Versorgung der Betroffenen auf höchstem Stand des medizinischen Wissens, individuell angepasst, interdisziplinär, aber auch unter Berücksichtigung der seelischen Nöte erfolgen. „Wir begrüßen daher ausdrücklich die Gründung eines Selbsthilfe-Netzwerks für Männer mit Brustkrebs. Dieser Schritt ist lange überfällig und wird von uns, wo immer notwendig, unterstützt“, so Nettekoven.

Die Netzwerkgründung stellt nur eines von vielen Themen auf der Bundestagung der FSH dar, die in diesem Jahr wieder von mehr als 700 Frauen und Männern besucht wird. „Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern werden interessante Vorträge von Experten aus Praxis und Forschung geboten“, erklärt Brigitte Overbeck-Schulte. „So erhalten unsere Mitglieder das Rüstzeug, um den sich ständig ändernden Herausforderungen in der Beratung und Interessenvertretung auch weiterhin gewachsen zu sein“.

(Meldung der Deutschen Krebshilfe)

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