Du bist nicht alleine...

Eine Ursache für Gastroschisis ist das Herbizid Atrazin

Ein Beitrag von Birgit Barth, www.orpha-selbsthilfe.de

Chicago – Gastroschisis ist ein angeborener Defekt der Bauchwand, bei dem sich Darm und manchmal auch Organe während der fetalen Entwicklung durch einen Spalt in der Bauchdecke nach außen verlagern. Die Anzahl der Neuerkrankungen ist in den letzten 30 Jahren um das Zwei- bis Vierfache gewachsen. Forscher der University of Washington (Seattle), fanden in Eastern Washington eine überdurchschnittlich hohe Zahl von Fällen, was sie zu der Hypothese brachte, dass die erhöhte Inzidenz durch Umwelteinflüsse verursacht sein könnte. „Unser Staat weist doppelt so viele Fälle auf wie im nationalen Durchschnitt“, sagte Dr. Sarah Waller, eine der Wissenschaftlerinnen. Die Lebenserwartung von Föten mit dieser Diagnose liege über 90 Prozent, doch sei nach der Geburt eine unmittelbare Betreuung auf einer Neugeborenen-Intensivstation mit angeschlossener Kinderchirurgie notwendig, berichtete Weller weiter.

Im Rahmen einer Studie untersuchte das Team alle Fälle überlebender Kinder, die im Zeitraum von 1987 bis 2006 mit Gastroschisis geboren wurden. Sie verglichen die Geburtsurkunden mit den Daten für das Ausbringen von Pestiziden, die in den US Geological Survey Datenbanken vorliegen. Dabei schauten sie insbesondere auf die Chemikalien Atrazin, Nitrat und 2,4-Dichlorphenoxyessigsäure.

Bei 805 Fällen und 3616 Kontrollen in der Studie trat Gastroschisis häufiger bei den Säuglingen auf, deren Mütter weniger als 25 km entfernt vom Ort einer hohen Oberflächen-Kontamination mit Atrazin wohnten. Für die anderen Chemikalien ergab sich kein Zusammenhang. Das Risiko der Geburt eines Kindes mit Gastroschisis war auch für Frauen erhöht, deren Kind in den Monaten März bis Mai gezeugt wurde, also in der Zeit, in der Pestizide am häufigsten zum Einsatz kommen.

Die Ergebnisse der Studie werden heute (5. Februar 2010) auf dem Jahrestreffen der Society for Maternal-Fetal Medicine (SMFM) in Chicago vorgestellt.

In Deutschland kam Atrazin ins Gespräch, als am 31. Oktober 1986 etwa 400 Liter der Chemikalie über die Abwässer der Firma Ciba-Geigy in den Rhein gelangten, was zusammen mit einem weiteren Chemieunfall der Firma Sandoz bei Basel einen Tag später ein Fischsterben im Rhein auslöste.

Da Atrazin und sein Hauptabbauprodukt Desethylatrazin auch ins Grundwasser gelangen und damit dann auch im Trinkwasser nachgewiesen werden können, ist die Anwendung von Atrazin in Deutschland seit 1. März 1991 verboten. Es ist in der Umwelt aber immer noch weit verbreitet. So wurde es beispielsweise nach dem Elbehochwasser 2002 ausgeschwemmt und konnte später u.a. in der Leber von Miesmuscheln und der Flunder vor Helgoland vermehrt nachgewiesen werden.

Einige Handelsnamen für Atrazin sind Aatrex, Aktikon, Alazine, Atred, Atranex, Atrataf, Atratol, Azinotox, Crisazina, Farmco Atrazine, G-30027, Gesaprim, Giffex 4L, Malermais, Primatol, Simazat, Weedex, Zeapos und Zeazin. In Ländern, in denen die Verwendung von Atrazin noch zugelassen ist, wird es zur Unkrautbekämpfung hauptsächlich im Mais-, aber auch beim Spargel-, Kartoffel- und Tomatenanbau eingesetzt.

Die Studie wurde von Sarah Waller, MD, Kathleen Paul, MD, Suzanne Peterson, MD, und Jane Hitti, MD von der University of Washington, Seattle verfasst.
______________________________

Quellen:
Pressemitteilung der Society for Maternal-Fetal Medicine, SMFM, auf Eurekalert!
Wikipedia für Atrazin

Schreibe einen Kommentar